Schule proaktiv gestalten

Im Kern geht es um kokreative Schulentwicklung in herausfordernden Kontexten und die Bewusstwerdung der menschlichen Würde. Bislang gab und gibt es kaum Diskurse über die Prozessgestaltung der Entwicklung von Schulen im Sinne ihres gesellschaftlichen Auftrags. Vielfältige Ideen skizzieren bereits, wie zeitgemäße Schulen aussehen müssten. Aber viel zu wenige Schulen können diese Ideen umsetzen. Es fehlen häufig Kompetenzen, Ressourcen und auch der Wille, grundlegende Schulentwicklungs- und Transformationsprozesse zuzulassen und zu gestalten. Nach wie vor werden von Schulen zielfokussierte und gesteuerte Prozessmodelle im Schulprogramm erwartet. Aber die gängigen Schulent-wicklungsmodelle sind überholt und greifen nicht.

Analog zur systemischen Betrachtung von Pädagogik und des damit verbundenen Bildungsauftrags der Schule benötigt Schulentwicklung ebenfalls einen freiheitlichen Rahmen. Dafür braucht es ein entsprechendes Verständnis demokratischer Kultur und des partizipativen kokreativen Handelns, insbesondere im Zusammenhang mit persönlichen, gemeinschaftlichen, organisationalen und auch gesellschaftlichen Lern- und Entwicklungsprozessen. Der Ansatz systemisch emergenter Schulentwicklung bietet dies und zeigt, dass kollaboratives (prozessbezogenes) Handeln mindestens den gleichen Stellenwert haben muss wie kooperatives (zielbezogenes) Handeln.

Das Buch »Schule und die Krise der Demokratie – Was sich ändern lässt und wie« (Guido Landreh 2024) leistet in diesem Zusammenhang einen inspirierenden Beitrag zum Thema und fügt es zu einer Collage transformativer Bildung und Entwicklung zusammen. Dabei eröffnet es – im Geist der Freiheit und Würde des Menschen – innovative Formen systemisch emergenter Prozessgestaltung.

Interessant ist in diesem Kontext auch die „Theorie U“ (C. Otto Scharmer 2022). Danach können „Betriebssysteme“ der Wirtschaft, Bildung und Demokratie durch „… Systemdenken, Innovation und Veränderungsmanagement – aus der Perspektive eines sich entwickelnden menschlichen Bewusstseins“ (ebd., S. 9.) an heutige Herausforderungen angepasst werden.

Der Kreis schließt sich. – Der Weg der Entwicklung einer Schule ist ein Weg des Lernens für Expertinnen und Experten, Lehr- und Leitungskräfte, Schülerinnen und Schüler – gemeinsam und persönlich. Er gestaltet sich vergleichbar, unterscheidet sich durch Professionalität und braucht eine Kultur der Freiheit und Verantwortung, des Wesentlichen und Verbindenden, um wachsen zu können.

Autor und Person:

Foto: Antonia Michaelis

Guido Landreh

Schulleiter (a. D.) einer Integrierten Sekundarschule in Berlin;
ehem. Schulleiter, Lehrer und Mitbegründer der „Stadt als Schule Berlin“. Schulentwicklungsberater, Prozessberater von Schulen bei der Erstellung ihres Schulprogramms.
Berufsbegleitende Weiterbildung im Bereich Systemische Supervision und Organisationsberatung.